Schnellen, einfachen, billigen Ruhm. Den wünschen wir uns insgeheim doch alle. Der Preis, den man dafür zahlt, ist oft höher als zunächst gedacht. Doch wenn es um wirkliche Kunst geht, spielt Glanz und Glorie nur eine zweitrangige Rolle. So auch bei zwei altbekannten und äußerst talentierten britischen Musikern, die sich dieses Jahr ein für alle Mal einen der oberen Plätze auf der Liste meiner liebsten SongschreiberInnen erspielt haben. Sie ist im besten Alter, er noch blutjung. Beide sieht man oft mit Gitarre um den Hals und auch am Mirko machen sie eine gute Figur. Die Rede ist von Alex Turner und PJ Harvey. Letztere besingt auf ihrem bereits achten Studioalbum Let England Shake ihre Heimat in all ihren (blutigen Facetten). Die beiden ersten Singles daraus – "The Words That Maketh Murder" und "The Glorious Land"– sind so unverschämt großartig (und unverständlicherweise noch nicht auf Beat Control gelandet), dass ihr sie in Cheap Glory jetzt gleich beide auf einmal hört. Harvey, die sich für jedes ihrer Alben, musikalisch, lyrisch sowie optisch immer wieder neu erfindet, ist mit ihrem alternativen Folkrock dieses Mal der große Wurf zwischen künstlerischem Anspruch und Radio-Pop-Appeal gelungen.
Pop ist auch eigentlich eher nicht so die Sache des Alex Turners, der 2006 mit seiner Garagen-Rock-Kapelle, mit dem nun ja ... interessanten Namen Arctic Monkeys, der Jugend beigebracht hat, wieder auf Gitarrenriffs statt auf Beats zu tanzen. Doch das er noch zu weit mehr Talent hat, als die perfekten Indie-Hymnen zu schreiben, bewies er schon mit seinem Nebenprojekt The Last Shadow Puppets. Der von Streichern getragene Barockpoprock, den er dabei zum besten gab, hätte sich ganz hervorragend als Soundtrack für die Bond-Filme der 60er- und 70er-Jahre geeignet. Und genau bei Soundtracks macht Turner kurz vor Veröffentlichung des mittlerweile vierten Arctic Monkeys Album Suck It and See auch weiter. Für die Coming of Age-Komödie Submarine hat er fünf Songs und damit ein kleines Meisterwerk geschrieben. Die gleichermaßen traumhaften Popnummern "Stuck on the Puzzle" und "Piledriver Waltz" zieren zusammen mit den PJ Harvey-Songs Anfang und Ende des neusten Beat Control-Werks.
Und vor lauter Euphorie über diese beiden Indie-Veteranen ist auch gar nicht so viel Platz für Newcomer geblieben dieses Mal. Drei Stück sind es dieses Mal - die nächste Whatever-Step-Entdeckung, Jamie Woon, Erika M. Anderson, alias EMA, die mit "California" schon jetzt eine der größten Anti-Hymnen des Jahres geschrieben hat, und die Indie-Kapelle Pet Lions, zu deren aktueller Single "When I Grow Up" ich mir gut vorstellen kann, demnächst mal das Tanzbein zu schwingen. Zumindest Jamie Woon steht schneller Ruhm bevor und das auch ganz zurecht. Wer so verdammt gekonnt zwischen den Genres hin- und hergleitet und es schafft, mir R'n'B-esque Melodien wie im hier vertretenen "Middle" so richtig schmackhaft zu machen, besitzt wohl ein rares Talent. Aber bevor ich das Tape jetzt Track für Track durchgehe, hört ihr am besten schnell rein und entscheidet selber, was euch gefällt. Wie immer, angenehm trashig, kurzweilig und zeitgemäß.
Cheap Glory - by The Alphabet Pony / Genre: The Future