Dienstag, 1. Juni 2010

Undercover



Ein Freundin bat mich neulich, mal wieder ein reines Cover-Tape zu machen, und natürlich war es nicht schwer mich von der Idee zu überzeugen. Schließlich bin ich, das dürfte allen klar sein, ein großer Fan von Coverversionen. Bei einem groben Blick auf die Tracklisten aller Beat-Control Mixtapes habe ich allein schon 79 Neuinterpretationen gezählt, und 67 davon befanden sich auf meinen Tapes. (Die meisten natürlich auf meinem ersten Cover-Tape: Cover Me!) Bestimmt habe ich sogar noch welche übersehen. Nun kommen dank des neuesten Mixtapes noch 23 weitere hinzu!
Die besten Coverversionen sind meiner Meinung nach die, die einen Song in ein anderes Licht rücken. Die z.B. eine poppige Nummer folkig einspielen, oder umgekehrt, und dadurch ein Lied von einer anderen Seite zeigen. Besonders gut funktioniert dies, wenn von vornherein eine gewisse Diskrepanz zwischen dem Cover- und Original-Interpreten herrscht. Wenn zum Beispiel der vollbärtige Folk-Newcomer William Fitzsimmons fröhlich-ironisch „I kissed a girl and I liked it“ trällert, oder wenn Ryan Adams nur mit seiner Akustikgitarre bewaffnet verschmitzt ins Mikrofon „like a virgin, touched for the very first time“ haucht. Und dann auch noch: “gonna give you all my love, boy!“. Wenn dagegen La Roux von Kelis gecovert wird, ist die Diskrepanz schon geringer. Nichtsdestotrotz kann das Ergebnis, wie in diesem Fall, sehr überzeugend sein.
Auf Undercover herrscht eindeutig ein 80er-Überschuss: 11 der 23 Lieder haben ihre Wurzeln in diesem Jahrzehnt. Nur vier dagegen sind halbwegs aktueller Natur und stammen im Original von Künstlern wie Justin Timberlake oder den Cold War Kids sowie die bereits erwähnten Interpretationen von La Roux und Katy Perry. 3 der Coverversionen sind auch schon etwas älter. Janis Joplins Piece Of My Heart und Nina Simones Feeling Good sind dabei gleichzeitig auch wohl die bekanntesten Versionen dieser Stücke, bei denen sogar kaum jemand das Original kennen wird. Bei Feeling Good dürfte das daran liegen, dass das Stück ursprünglich aus dem Musical „Roar of the Greasepaint – The Smell of the Crowd“ aus dem Jahre 1965 stammt und Simone bereits im gleichen Jahr ihre Version rausgebracht hat. Ebenfalls aus einem Musical stammt Wig In A Box, hier von der 24-köpfigen, texanischen Band The Polyphonic Spree besungen, und zwar aus John Mitchell Camerons „Hedwig And The Angry Inch“. You're The One That I Want stammt natürlich vom Soundtrack von "Grease", allerdings wurde es extra für die Filmversion mit John Travolta & Olivia Newton-John geschrieben und war noch nicht in der Musical-Version zu hören.
Last but not least handelt es sich bei Nirvanas Cover von The Man Who Sold The World natürlich auch um ein Stück Liedkunst der älteren Art, das auf dem Album MTV Unplugged In New York zu finden ist. Aber: Es wurde gar nicht 100% unplugged gespielt, vielmehr war Kurt Cobains Akkustikgitarre sowohl an einen Verstärker als auch an Effektgeräte angeschlossen und diese sorgfältig versteckt. Auf The Man Who Sold The World kann man das auch sehr gut hören. Das Album zeichnet sich dadurch aus, dass die Setlist im Gegensatz zu allen anderen MTV-Unplugged Sessions fast ausschließlich aus Coverversionen und unbekannteren Nirvana Songs bestand. Hier hätten genauso gut auch die großartigen Interpretationen von Lake Of Fire> oder Where Did You Sleep Last Night? vertreten sein können. Nach Where Did You Sleep Last Night?, das der letzte Song des Auftritts war, waren die MTV-Produzenten - obwohl ursprünglich verärgert über den Mangel an "Hits" - so begeistert, dass sie unbedingt noch eine Zugabe aufnehmen wollten. Doch die Band weigerte sich, weil Cobain der Meinung war, dass er die Qualität des just performten Songs niemals würde toppen können. Der Rest ist Geschichte.


Jetzt aber genug der Rede, und viel Spaß mit

Undercover– by Johannes D. Täufer
Foto: kallejipp / photocase.com

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